Es ist Urlaubszeit! Damit wird es höchste Zeit, sich einmal anzusehen, welche Möglichkeiten sich eigentlich Menschen mit Behinderungen bieten, auf Reisen zu gehen. Ganz gleich, ob Reisen mit Rollstuhl oder mit anderen Beeinträchtigungen: ein paar Vorüberlegungen helfen dabei, die Reise so entspannt wie möglich angehen zu lassen und den maximalen Erholungseffekt dabei herauszuholen.

Ein Gastbeitrag von Mobilitäts-Experte Timo Hermann / Mobilista.eu

Die grundsätzlichen Vorüberlegungen sind im Prinzip dieselben wie bei jedem anderen, den das Reisefieber gepackt hat:

  • In welches Land oder welche Region soll es überhaupt gehen?
  • Übernachtung im Hotel, einer Ferienwohnung, auf dem Campingplatz?
  • Strandurlaub, Bergtour, City-Hopping, ausgedehntes Sightseeing oder Kreuzfahrt?
  • Anreise mit dem Flugzeug, mit der Bahn oder dem PKW?

Eventuelle Einschränkungen resultieren hier wie bei allen Menschen aus dem Budget und den individuellen körperlichen Fähigkeiten. Der Rollstuhl oder andere nötige Hilfsmittel spielen dabei als solche eher eine untergeordnete Rolle. Und eine Anmerkung zum Budget: die Vergünstigungen, die Inhaber eines Schwerbehindertenausweises in Deutschland an vielen Stellen erhalten, sind im Ausland meistens nicht zu haben – das sollte in die Budgetkalkulation mit einfließen!

Allgemeine Vorbereitungen
  • Personalausweis und ggf. Reisepass checken, eventuell Visum beantragen
  • Eventuelle Impfungen rechtzeitig planen
  • Auslandskrankenschein von der Krankenkasse anfordern
  • Medizinische Unterlagen mit Diagnosen und ggf. laufenden Therapien zusammenstellen, wenigstens ins Englische übersetzen lassen, idealerweise in die Landessprache des Reiseziels
  • Benötigte Hilfsmittel überprüfen und ggf. Ersatzteile wie Reifenflickset besorgen
  • Ggf. benötigte Medikamente (zusätzlich zur Reiseapotheke) in ausreichender Menge besorgen
  • Bei Betäubungsmitteln muss eine ärztliche Bescheinigung vorliegen, um sie ins Ausland mitnehmen zu dürfen. Infos dazu gibt bei der Bundesopiumstelle.
  • Bei Flugreisen: Für Medizintechnik, die an Bord betrieben wird, FAA-Konformitätserklärung vom Hersteller schicken lassen
  • Falls von der Fluggesellschaft gefordert, eine Flugtauglichkeitsbescheinigung (MEDA) vom Arzt einholen
  • Prüfen, welche Dienstleister im Notfall am Urlaubsort bei technischen Pannen helfen können
  • Ggf. nach Hilfsmittel-Vermietung vor Ort recherchieren

Suche nach rollstuhlgerechten Unterkünften

Es finden sich inzwischen eine ganze Reihe von Reisevermittlern, die sich auf rollstuhlgerechte Reisen spezialisiert haben – beispielsweise runa-reisen.de, rollstuhl-urlaub.de oder auch accamino.de. Dort erhalten Reisende mit Rollstuhl häufig einen Komplett-Service inklusive Anmeldung bei der Fluggesellschaft oder der Bahn und können sich darauf verlassen, dass keine unvorhergesehenen Hindernisse die Urlaubsstimmung trüben.

Das Angebot ist dabei allerdings eingeschränkt – wer auf eigene Faust seine Reise planen und buchen möchte, dem stehen verschiedene Hilfen zur Verfügung. Diese sind allerdings zumeist gut versteckt:

  • HRS.de: Zunächst die normale Suche nach einer Destination und einem Reisedatum nutzen, dann auf der linken Seite unter „Weitere Eigenschaften“ den Unterpunkt „Hotelausstattung“ suchen, dort „Rollstuhlgeeignet“ anklicken. Unter „Zimmerausstattung“ genauso verfahren.
  • Expedia.de: Zunächst die normale Suche nach einer Destination und einem Reisedatum nutzen, dann auf der linken Seite unter „Weitere Suchoptionen“ den Unterpunkt „Zielgruppe“ suchen, dort „Behindertengerecht“ anklicken und mit dem darunter liegenden Button die Suche aktualisieren.
  • trivago.de: Über den Suchergebnissen auf „Mehr Filter“ klicken, unter dem Punkt „Hotelausstattung“ auf „mehr“ klicken, dann „Rollstuhlgerecht“ aktivieren.

Wer lieber rollstuhlgerechte Bed&Breakfast-Angebote oder private Wohnungen sucht, für den finden sich inzwischen auch einige Suchoptionen:

  • Wimdu.de: Ort auswählen, dann links neben den Suchergebnissen herunterscrollen bis “Ausstattung”, dann “Barrierefreier Zugang” auswählen
  • Gloveler.de: Direkt auf Suche gehen und unter “Allgemeine Eigenschaften” den Punkt “Für Rollstuhlfahrer geeignet” auswählen
  • HouseTrip.de: Ort auswählen, dann in der Leiste über den Suchergebnissen “Merkmale” anklicken und “Rollstuhlgerecht” auswählen.
  • FeWo-direkt: Ort auswählen, dann in der oberen Leiste auf „Mehr Filter“ klicken und unter „Ausstattung“ den Punkt „Rollstuhlgerecht“ auswählen, anschließend auf „Suchen“ klicken.

Zudem halten einige Anbieter spezielle Informationsseiten rund um Reiseziele für Rollstuhlfahrer bereit:

Nicht zuletzt gibt es inzwischen auch einige Campingführer mit Informationen über rollstuhlgerechte Campingplätze:

  • ADAC Campingführer: unter „Sanitärausstattung“ den Punkt „Sanitärkabine für Rollstuhlfahrer“ anklicken
  • Unter camping.info finden sich im Reiter „Ausstattung“ verschiedene Merkmale wie Rollstuhlgerechte Sanitäranlagen, Rampe für Rollstuhlfahrer, Barrierefreier Zugang ins Wasser oder die meisten Wege befestigt
  • Unter eurocampings.de findet sich direkt eine Suche nach rollstuhlgerechten Campingplätzen

Umgebung überprüfen

Zur Sicherheit empfiehlt es sich generell, die gewünschte Destination vor der verbindlichen Buchung zu kontaktieren und nachzufragen oder zumindest auf wheelmap.org nachzusehen, ob das Reiseziel dort auch als rollstuhlgerecht gekennzeichnet ist.

Hierbei bietet sich auch der Vorteil, dass in vielen Gegenden auch gleich die Umgebung der Unterkunft beurteilt werden kann. So ist beispielsweise das art’otel in Budapest rollstuhlgerecht ausgestattet, ein Blick auf die Karte zeigt jedoch, dass vieles in der Umgebung nur unter Umständen zugänglich ist.

Zudem hilft eine Suche nach dem Ort der der Region in Bilderverzeichnissen wie flickr oder dem ortsbasierten Fotodienst Panoramio, die Beschaffenheit der Natur und der Wege schon vorab ein wenig zu erkunden und einzuschätzen, ob dort Ausflüge bewältigt werden können.

Auch, wenn das alles zunächst furchtbar kompliziert klingt: Urlaub mit Rollstuhl ist dank des Internets mit seinen Informationsmöglichkeiten einfacher denn je. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, den Urlaub zu planen und zu buchen – seien es spezialisierte Anbieter für Rollstuhl-Reisen, mit Hilfe von Suchmaschinen selbst geplante Individualreisen.

Sogar Kreuzfahrten sind für Rollstuhlfahrer möglich: AIDA beispielsweise bietet auf jedem Schiff nicht nur nahezu vollständige Zugänglichkeit und rollstuhlfreundliche Kabinen, sondern auch Hilfsmittel an Bord sowie Betreuung an. Und bei den Vorplanungen steigt ja gleichzeitig auch die Urlaubsstimmung…

In diesem Sinne: Gute Reise!

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